Monangambeee
von Sarah Maldoror
Algerien, 1969
Programm:
Kino Nach der Befreiung
über den film
Sarahs Arbeit zu sehen, darüber zu sprechen oder einfach nur zu teilen, bedeutet, an den ersten Filmen vieler junger afrikanischer Nationen teilzuhaben. Sie war grenzenlos - die Produktion und Themen ihres Werks zeugen davon. Obwohl Monangambeee von ihr, einer Frau aus Guadeloupe, inszeniert und vor unserer Unabhängigkeit 1975 außerhalb Angolas produziert wurde, betrachte ich ihn dennoch als unseren ersten angolanischen Film. Nach jahrhundertelanger Kolonialisierung Angolas durch die ehemalige portugiesische Kolonialherrschaft, bringt Sarahs Monangambeee zum ersten Mal eine Geschichte auf die Leinwand, die auf einer angolanischen Kurzgeschichte basiert: O Fato Completo de Lucas Matesso von Luandino Vieira, mit zwei angolanischen Befreiungskämpfer*innen (Elisa Andrade und Carlos Pestana) als Protagonist*innen. Der Film wurde zehn Jahre nach dem offiziellen Beginn unseres bewaffneten Befreiungskampfes im Jahr 1961 veröffentlicht und erzählt die Geschichte eines politischen Gefangenen, der gefoltert wird, nachdem er von seiner Frau besucht wird, die ihm bei ihrem nächsten Gefängnisbesuch einen kompletten Anzug (pt. Fato Completo) verspricht.
Monangambeee ist ein Kurzfilm mit sehr wenig Dialog, der zugleich Bände spricht über die Macht von Sprache und Musik. Die englische Übersetzung des Titels heißt "White Death" (Weißer Tod), und wird jedoch dem Warnruf und der eigentlichen Wortbedeutung nicht gerecht - nämlich, dass diejenigen, die mitgenommen werden, nicht zurückkommen. Dieser bedeutungsvoller Ausspruch hat Filmemacher*innen, Dichter*innen, Musiker*innen und viele andere Künstler*innen inspiriert und erinnert immer wieder an die brutale Geschichte der Versklavung, der Kolonialisierung und der politischen Unterdrückung in Afrika.
Durch die Definition von "complet" (Fato Completo) zu Beginn des Films, lädt Sarah das Publikum meisterhaft dazu ein, sich jenen anzuschließen, die unterdrückt sind und für ihre Befreiung zu kämpfen. Nur die portugiesischen Charaktere wissen nicht, was vor sich geht oder was das Wort bedeutet. Sarah entlarvt die Ignoranz, die Misogynie und den Rassismus derjenigen, die foltern und töten.
Der außerordentliche Soundtrack von Monangambeee vom Art Ensemble of Chicago spielt einen wesentlichen Charakter im Film und trägt dazu bei, einer der disruptivsten Folterszenen des Kinos zu schaffen, in der wir weder einen einzigen Bluttropfen sehen, noch die Person sehen, welche die Folter ausübt. Monangambé gibt den Ton an für das, was Sarahs Slow Cinema (langsames Kino) wird, mit starken, kontrastreichen Nahaufnahmen von Geschichten über antikoloniale Widerstandsbewegungen und Schwarze Identitäten in den vierzig Filmen, bei denen sie später Regie führt.
Monangambeee ist das Debüt der Filmemacherin Sarah Maldoror, die sich in ihrer langen und erstaunlichen Karriere, Filme jenseits der starren Regeln des militanten Kinos widmet. Sie vertraute der Poesie und der unendlichen kreativen Freiheit, als Leitmotiv ihrer Arbeit. Sie glaubte daran, dass Kino und Poesie ein Weg sind, um eine gerechtere Welt zu schaffen, und daran glaube ich auch.
historischer kontext
1575 begann die direkte portugiesische koloniale Besetzung Angolas und endete 1975 nach einem dreizehnjährigen Unabhängigkeitskrieg, der in Angola Luta Armada de Libertação Nacional (Bewaffneter Kampf zur nationalen Befreiung) genannt wird. Durch die Öffnung der angolanischen Häfen für ausländische Schiffsfahrten im Jahr 1844, wurde Luanda zu einer der größten Städte des portugiesischen Imperiums, die beinahe alle Erzeugnisse des fortbestehenden Zwangsarbeitssystems exportierte, und die Fortsetzung des Sklavenhandels in den Vereinigten Staaten und Brasilien ermöglichte. Die Berliner Konferenz von 1884, verpflichtete Portugal eine "effektivere Besetzung" anzustreben durch die sofortige Eroberung aller Regionen, auf die es Anspruch erhob. Ende des neunzehnten Jahrhunderts hatte die portugiesische Kolonialmacht die Grenzen des Gebiets, das heute Angola umfasst, festgelegt.
über die/den regisseur*in
Sarah Maldoror (1929-2020) war eine Schwarze Filmemacherin, Aktivistin und Feministin aus Guadeloupe und gilt als eine der Pionierinnen des antikolonialen und afrikanischen Kinos. Ihr Lebenswerk umfasst 42 Filme, die zwischen 1969 und 2009 entstanden sind. Sie war aktiv an antikolonialen Befreiungskämpfen in Angola beteiligt. Ihre bekanntesten Filme, Monangambeee und Sambizanga (1972), wurden von Befreiungsbewegungen wie der Front de Libération Nationale (Nationale Befreiungsfront, Algerien) und dem Movimento Popular de Libertação de Angola (Bewegung zur Befreiung Angolas) produziert und unterstützt.
auszeichnungen und festivals
Filmfestspiele von Cannes (1971)
Erster Preis beim Festival von Tours
Preis für die beste Regie, Carthage Film Festival
Erster Preis beim Dinar-Festival
über die autorin dieses textes
Als Filmemacher und Mitbegründer des angolanischen Kollektivs Geração 80, ist Fradique ein Fürsprecher des Kinos aus dem globalen Süden. Er hat an unterschiedlichen Podiumsdiskussionen auf internationalen Filmfestivals und an Universitäten teilgenommen, die sich mit afrikanischem Kino, kolonialen Archiven, Filmkollektiven und dem urbanen Filmemachen befassen. Außerdem ist er ein Alumnus des Berlinale Talent Campus (2011) und der Realness Institute Screenwriting Residency (2017). Fradique lebt derzeit in Berlin, wo er schreibt und an seinen neuen Spielfilm arbeitet.
Als Filmemacher und Mitbegründer des angolanischen Kollektivs Geração 80 ist Fradique ein Verfechter des Kinos des globalen Südens. Er hat an verschiedenen Podiumsdiskussionen auf internationalen Filmfestivals und an Universitäten teilgenommen, die sich mit afrikanischem Kino, kolonialen Archiven, Filmkollektiven und urbanem Filmemachen beschäftigten. Er ist außerdem ein Alumnus des Berlinale Talent Campus (2011) und der Realness Institute Screenwriting Residency (2017). Fradique lebt derzeit in Berlin, wo er seinen neuen Spielfilm schreibt und entwickelt.